"Das Leben muss rückwärts verstanden aber vorwärts gelebt werden" (S. Kierkegaard). Mit diesem Satz könnte der Ausflug der Adventgemeinde Tulln ins Museumsdorf Niedersulz (NÖ) überschrieben werden.
Am Sonntag, 28. September 2008, haben sich 30 Gemeindeglieder, Freunde und Kinder der Adventgemeinde Tulln auf eine Reise in die Vergangenheit begeben. Das Museumsdorf besteht mittlerweile aus etwa 80 teilweise jahrhundertealten Bauernhöfen und anderen Gebäuden aus dem Weinviertel. In beeindruckender Weise geben sie Einblick in Arbeit und Leben der Bevölkerung in früheren Jahrhunderten. Nicht nur die farbenprächtigen Vorgärten mit ihrer schon herbstlichen Vegetation, auch die landwirtschaftlichen Geräte sowie Werkstätten alter Handwerke ließen bei den älteren Ausflugsteilnehmern Erinnerungen an selbst Erlebtes wach werden. Auch für die Jüngeren gab es nachdenkenswerte Eindrücke zu sammeln. Der Kontrast zu unserem heutigen schnellen und oft überzivilisierten Leben war Anlass, über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nachzudenken.
Nach einer Führung durch Franz Bauer, einem pensionierten Landwirt aus Niedersulz, der mit vielen persönlichen Erlebnissen die Geschichte des Museumsdorfs und einiger interessanter Objekte am Gelände erzählte, gab es die Möglichkeit, das Dorf auf eigene Faust zu erkunden. Die Kinder konnten danach anhand eines abwechslungsreichen Spieles mit speziellen Fragen besondere Sehenswürdigkeiten entdecken. Der "lebende Bauernhof" gab Gelegenheit zu Begegnungen, die nicht nur für die Augen, sondern auch für die Hände und teilweise die Nasen spannend waren.
Aus kirchengeschichtlicher Sicht interessant ist, dass auch im Weinviertel in der Reformationszeit viele protestantische Gemeinden entstanden, die durch die Gegenreformation wieder stark zurückgedrängt wurden. Eine Dokumentation in der so genannten "lutherischen Kapelle" im Museumsdorf gibt darüber Auskunft.
Weiters interessant ist die Geschichte der Hutterer, deren Spuren ebenfalls im Weinviertel zu finden sind und denen ein neu errichtetes Gebäude im Museumsdorf gewidmet ist. Die Hutterer (auch "Habana" genannt), entstanden aus der Täuferbewegung, die auch als "dritte Reformation" bezeichnet wird. Ausgehend von der Schweiz breitete sich diese religiöse Bewegung nicht zuletzt aufgrund von schweren Verfolgungen über Tirol nach Mähren und später bis Russland aus. Heute gibt es Hutterer noch in den USA und Kanada.
Sowohl bezüglich der Heiligen Schrift als alleiniger Glaubensgrundlage, als auch der Praxis der biblischen Erwachsenentaufe sehen sich Adventisten als Erben der Reformation. Den im Museumsdorf dokumentierten Spuren dieser beiden Bewegungen nachzugehen, war eine Bereicherung, die im Sinn des eingangs zitierten Satzes von S. Kierkegaard Mut zu vorwärts gerichtetem Leben macht.
Reich an Eindrücken ging es dann um 16.00 Uhr mit dem Bus wieder zurück nach Tulln. Es war ein ereignisreicher, sonniger Tag der Gemeinschaft, der lange in Erinnerung bleiben wird.